von Anja Maria Franz-Röhrig

Werte – „Hauptstraßen zum Sinn“

Werte halten uns gesund. Nicht nur mental, sondern auch physisch.
Eric Kim von der Universität Michigan fand heraus, dass Menschen, die ein stärkeres Bewusstsein für Werte und Sinn im Leben haben, deutlich gesünder leben. Sie achten mehr auf ihre Gesundheit, ergreifen früher präventive Maßnahmen und praktizieren mehr aktive Entspannungstechniken wie Yoga, Tai Chi oder Feldenkrais.
Noch verblüffender sind die Erkenntnisse der Wissenschaftler der Rush Universität in Chicago. Sie stellten fest, dass Werte und Sinn im Leben, das Risiko an Alzheimer zu erkranken deutlich reduziert. Ebenso sinkt die Wahrscheinlichkeit an einem Schlaganfall oder Herzinfarkt zu sterben.
Werte machen also Sinn. Durch sie leben wir gesünder und länger. Sie geben uns Orientierung und Halt. Durch Werte, können wir besser entscheiden, was wichtig ist in unserem Leben und sie helfen uns, zu einem sinnvollen Leben zu gelangen. Werte geben unserem Leben Tiefe.

Viktor E. Frankl nannte Werte auch unsere „Hauptstraßen zum Sinn“. Dabei unterschied er drei Kategorien: Erlebniswerte, Schaffenswerte und Einstellungswerte, die er alle als wichtig erachtete für die sinnvolle Gestaltung des Lebens.

1. Erlebniswerte
Manchmal nehmen wir sie nicht wahr oder wir vergessen sie ganz: die Erlebniswerte. Dabei kennen wir sie alle: die Freude an der Schönheit der Natur, an einer Blume, an einem Tier im Wald. Das Glück beim Sport, die Freude an der Bewegung am Spiel, die Schönheit der Kunst, das Aufregende der Technik und der Wissenschaft.
Und vor allem: Geborgenheit, Verbundenheit und Anerkennung. Dies alles erfahren wir in der Begegnung mit anderen Menschen. Einen Menschen in seiner Einmalig- und Einzigartigkeit voll zu erleben, ihm wohl zu sein (oder ihn zu lieben), das schenkt uns ein tiefes Gefühl der Sinnhaftigkeit.
Erlebniswerte machen uns lebendig, vital. Sie halten uns geistig wach, offen und neugierig auf die Welt und nähren unsere Seele.
2. Schaffenswerte
Während die Erlebniswerte uns helfen, etwas aus der Welt aufzunehmen, bieten uns die Schaffenswerte die Möglichkeit, etwas in die Welt hineinzubringen, etwas zu gestalten.
Schaffenswerte sind die schöpferischen Werte: die Arbeit, das Kunstwerk, das Gastmahl, Krankenpflege. Es geht dabei nicht nur um Spektakuläres oder Großartiges wie eine neue Erfindung oder ein florierendes Start-up, sondern auch um das Alltägliche was Menschen im Rahmen ihrer Möglichkeiten in die Welt bringen: eine Behinderung zu meistern, sich um die Familie zu kümmern, Sorge zu tragen – es komme, so Frankl, eher auf die Verbindlichkeit an, mit der wir die Dinge in der Welt tun. Ganzheitliches Tun sei hier das Entscheidende.
3. Einstellungswerte
Und dann benannte Frankl noch eine dritte Kategorie an Werten: Die Einstellungswerte. Diese sind etwas schwerer zu fassen: Liebe gehört dazu, Hingabe, Respekt, Vertrauen, Offenheit. Sie sind vor allem im Zusammenhang mit Leiderfahrungen wertvoll. Wenn uns die anderen beiden „Hauptstraßen zum Sinn“ verschlossen sind, wir nichts mehr tun können (also keine Erlebniswerte oder Schaffenswerte verwirklichen können) oder so krank sind, dass wir bald sterben werden.
Dabei ging es Frankl nicht darum, dem Leid um jeden Preis einen Sinn abzuringen, z.B. die Krebserkrankung als sinnhaft zu verstehen, in der Hoffnung durch dieses positive Gedankenkonstrukt das Blatt wenden zu können oder die Realität nicht akzeptieren zu müssen.
Ihm ging es mehr um das Aushalten, das Hinnehmen. Die Frage nach dem „Wozu?“ zu beantworten, indem wir Stellung beziehen zum Leiden, zum Unveränderlichen. Die letztmögliche Freiheit, die wir haben.


Sinnvolles Tun und Sein durch Werte
Aus diesem Reservoir an Werten können wir schöpfen. Wir können unsere persönlichen und die gemeinsamen (Partner, Familie, Community) Werte bewusster leben und dadurch den Weg eines gelingenden Lebens einschlagen.
Ein Leben, das wir frei und verantwortlich für uns gewählt haben (natürlich immer innerhalb der jeweiligen Rahmenbedingungen, die jedes Leben hat). Das heißt nicht, dass wir immer glücklich sind, aber wir wissen, warum wir etwas tun und warum nicht. Wir können uns besser entscheiden, haben mehr Selbstbewusstsein und unsere Beziehungen sind freier von Schuldgefühlen, Scham und Stress.